Das Interesse des Verfassers an seinem Thema erklärt sich aus den Erfahrungen, die er im höheren Verwaltungsdienst und als Parlamentarier gesammelt hat und aus seinen Erlebnissen als deutscher Jude. Er untersucht Leben und Wirken der als Regierungsmitglieder, Beamte und Parlamentarier zur Zeit der Monarchie hervorgetretenen Juden und stellt ihre Tätigkeit in den Rahmen des deutschen Gesamtgeschehens zwischen 1848 und 1918. Es ergibt sich ein farbiges Bild, das sich in diesen 70 Jahren vielfach wandelt. Es wird durch die Individualitäten, Charaktere und Ziele der behandelten Personen, unter denen manche historische Figuren sind, bestimmt, ferner durch die oft voneinander abweichende Haltung der Regierungen der Einzelstaaten, durch die Einstellung der deutschen Gesellschaft und der politischen Parteien, sowie durch die aufsteigende und zeitweise wieder niedergehende antisemitische Bewegung. Eingehende biographische Skizzen der Juden in Spitzenstellungen und als Träger parlamentarischer Mandate von der Nationalversammlung von 1848 bis zu den Parlamenten der Zeit des Ersten Weltkrieges zeigen ihre oft gegensätzlichen Einstellungen zu den Hauptproblemen jener Zeit: so zur Währungs- und Sozialpolitik, zum Kulturkampf und zum Sozialistengesetz, zur Todesstrafe und zum persönlichen Regiment, zur Wehrpolitik und zu den Kriegskrediten. Der Beitrag der jüdischen Beamten und Parlamentarier zum öffentlichen Leben Deutschlands wird gewürdigt, ihre Persönlichkeiten werden charakterisiert, ihre Verdienste herausgearbeitet, ihre Irrtümer kritisch beleuchtet.
Nr. 19